Kürzlich wurde ich gefragt: Wie triffst du schwere Entscheidungen?
Das hat mich zum Nachdenken angeregt. Ich habe mein eigenes Entscheidungsverhalten reflektiert, auf mein Umfeld geschaut und mich an meine Kunden erinnert, die ich als Sparringspartner und Ratgeber begleiten darf.
Dabei wurde klar: für mich gibt es zwei Arten von schweren Entscheidungen.
1. Große Entscheidungen mit enormer Tragweite, hohen Ausgaben oder größeren Risiken und
2. Schwierige Entscheidungen mit einem Widerspruch zwischen Kopf und Bauchgefühl (Ambivalenz).
Die großen Entscheidungen sind regelmäßig deshalb schwer, weil wir das Gefühl haben,
§ zu wenig zu wissen (Unsicherheit),
§ sehr viel zu investieren (Geld, Aufwand, Emotionen),
§ sehr lange oder „ewig“ gebunden zu sein und/oder
§ hohe Risiken einzugehen.
In der Regel helfen hier aber Reflexionen zum Informationsstand:
§ Die Grundsatzfrage, ob das wirklich nötig und sinnvoll ist, sollte am Anfang stehen.
§ Habe ich alle mit vertretbarem Aufwand beschaffbaren Informationen berücksichtigt? Falls noch Informationen fehlen, helfen Ratgeber, Produkttests, Kundenfeedback etc.
§ Habe ich alle Argumente abgewogen (z.B. Argumentenbilanz)?
§ Steht das Risiko im Verhältnis zum erwarteten Gewinn? Und würde ich einen Verlust überwinden?
§ Wie lange binde ich mich tatsächlich (oft deutlich weniger als gedacht)?
Hier helfen eine gute Veranschaulichung und eine ordentliche Dokumentation, da es meist um die Darstellung der gesammelten Informationen und ihrer Verdichtung zur Vorteilsvariante geht. Oftmals helfen auch ein Blick von außen und ein wertschätzender Rat, um weitere Blickwinkel und Optionen zu eröffnen, oder eine Zweitmeinung kann nützlich sein. Das alles gibt uns deutlich mehr Sicherheit und erzeugt nach außen das (vor allem beruflich) notwendige professionelle Erscheinen.
Die schwierigen Entscheidungen müssen nicht unbedingt große sein. Meiner Erfahrung als Sparringspartner nach zeichnen sie sich dadurch aus, dass wir ambivalent sind und uns dadurch schwertun. Die Informationslage ist hier i.d.R. nicht das Problem.
Um Ambivalenzen zu identifizieren, können die formalen Hilfen wie Argumentenbilanzen und Nutzwertanalysen helfen. Sie zeigen in diesen Fällen aber oft nur an, dass diese Logik nicht hilft: die sagt das eine, der Bauch das andere. Aber Sie wissen dann um die Ambivalenzen und können sie greifen.
Die Ambivalenzen müssen dann durchlebt werden, um sie aufzulösen. Das kann man beschleunigen, aber nicht abkürzen.
Hilfreich kann es dafür beispielweise sein, in sich zu schauen und die sich widersprechenden Persönlichkeitsanteile besser zu erkennen und zu verstehen. Ein gutes Tool zur Offenlegung und „Behandlung“ kann Teamplay sein, da es erleichtert, mit den sich wehrenden inneren Teilen („Spielern“) in Kontakt zu kommen.
Auch habe ich die Erfahrung gemacht, dass es helfen kann, sich vorzustellen, dass etwas nicht für immer ist/sein muss, z.B. wenn man überlegt, mal ins Ausland zu wechseln.
Oder ich empfehle, sich in die Alternativen hineinzufühlen, sich vorzustellen, wie es sich bei deren Eintreten anfühlen würde.
Und auch das richtige Gegenüber kann helfen, um wieder klar sehen und wirksam handeln zu können.
 
				